Reinhold Zumtobel erhält am 10. Mai 1953 den ersten Hebelpreis der Regierung des neuen Landes Baden-Württemberg
Verärgerung in Lörrach wegen Verleihung des Hebelpreises
Zeitungsausschnitt ohne Quellen‑ und Datumsvermerk
"Nur für hochqualifizierte literarische Leistungen im alemannischen Kulturraum..."
Die Tatsache, daß die Landesregierung von Baden‑Württemberg den diesjährigen Hebelpreis am vergangenen Sonntag an den 75jährigen ehemaligen Chefredakteur und Ehrenbürger der Hebelgemeinde Hausen, Reinhold Zumtobel, vergeben hat, hat in Kreisen der südbadischen Hebelgemeinde ein zwiespältiges Echo gefunden. Maßgebende Vertreter des Hebelbundes in Lörrach, eines der Hauptträger Hebelschen Gedankengutes, äußerten am Dienstag ihr Bedauern darüber, daß Kultusminister Dr. Gotthilf Schenkel sowohl die vom Hebelbund wie die vom Freiburger Regierungspräsidium vorgeschlagenen Kandidaten ablehnte und den Preis, entgegen seiner Zweckbestimmung, für eine Leistung gegeben habe, die mehr auf dem Gebiete volkstümlicher Heimatpflege zu suchen sei.
Der Hebelpreis, betont der Hebelbund, sei ein ausgesprochener Literaturpreis, der für qualifizierte literarische oder sprachkundliche Leistungen im alemannischen Kulturraum vorgesehen sei. Durch frühere Verleihungen an Männer wie Wilhelm Hau[s]enstein, Max Picard und Albert Schweitzer habe er einen hohen Rang erhalten. Diese Entwicklung sei in diesem Jahr jäh unterbrochen worden. Die Kritik, erklärt man in Kreisen der südbadischen Hebelgemeinde, richte sich nicht gegen die Person Zumtobels, dessen Verdienste um die Heimatpflege bedeutend und unbestritten seien. Diese Verdienste hätten aber sinnvoller durch die Verleihung eines ausgesprochenen Heimatpreises oder in Form anderer Ehrungen herausgestellt werden können. Diese Auffassung machen sich am Dienstag auch die "Basler Nachrichten" in einem Beitrag aus Freiburg zu eigen.
Das südbadische Regierungspräsidium hatte, wie nachträglich bekannt wird, als diesjährigen Kandidaten für den von der früheren badischen Regierung gestifteten Literaturpreis unter anderen den Hebelbiographen Wilhelm Zentner (München), den Freiburger Schriftsteller Reinhold Schneider, der jetzt 50 Jahre alt wurde, und Friedrich Schnack vorgeschlagen. Diese Vorschläge deckten sich weitgehend mit denen des badischen Hebelbundes.
Im Geiste Johann Peter Hebels...
In der Urkunde, die Reinhold Zumtobel beim Festakt in Hausen überreicht wurde, heißt es, daß der Kultusminister des Landes BadenWürttemberg dem Schriftsteller Reinhold Zumtobel in Anerkennung seines volkstümlichen dichterischen Schaffens und Wirkens im Geist Johann Peter Hebels den Preis für 1953 verliehen hat.
Ist das so schlimm, wenn einmal ein Mann geehrt wird, der sich durch volkstümliches Schaffen und Wirken im Geiste Johann Peter Hebels hochverdient gemacht hat und nicht durch qualifizierte literarische oder sprachkundliche Leistungen im alemannischen Kulturraum"? Oder ist die Verstimmung im Lörracher Hebelbund so groß, weil seine Vorschläge dieses Mal beiseite geschoben wurden, daß er ganz übersehen hat, daß die geforderten Voraussetzungen beispielsweise auch beim letztjährigen Hebelpreisträger absolut nicht zutrafen?
"Gott weilte in den Flugzeugen, die 250000 Dresdener vernichteten"
Bei der Verleihung des Hebelpreises 1952 an Max Picard, wurde auch auf dessen letztes Buch "Hitler in uns« hingewiesen. Mit einem Wust von Verzerrungen und Unwahrheiten und hemmungsloser Morgenthau‑Propaganda wird darin die These von der Kollektivschuld der Deutschen verfochten.
Aber lassen wir den damals Preisgekrönten selbst sprechen:
"Die Deutschen hielten den Frieden nicht aus"
"Das ist charakteristisch für die Deutschen. Zur Zeit Wilhelm II galt ihnen der Kaiser nicht viel, die Republik schien ihnen viel lieber zu sein. Als sie aber die Republik hatten, wünschten die einen den Kaiser, die anderen hofften alles von Hitler oder vom Bolschewismus, und als endlich Hitler regierte, strebten die gleichen Menschen, die Hitler gewählt hatten, wieder zurück zur Demokratie oder zum Bolschewismus. Und wenn man jetzt, nach dem Sturz Hitlers, den Deutschen eine Demokratie einrichtete, würden sie sofort wieder zu Hitler zurückkehren wollen oder den Bolschewismus erstreben. In der gleichen Weise dachten manche Deutsche ‑ und nicht nur die Nazis ‑ in den Friedenszeiten, daß durch einen Krieg vieles erreicht werden könne, was einem ohne Krieg nicht zuteil werde. Die meisten aber, und gerade diejenigen, die keine Nazis waren, dachten gar nicht an etwas Bestimmtes, das durch den Krieg zu erlangen wäre. Es genügte, daß Frieden war und daß sie eben weil Frieden war, den Frieden nicht aushielten und deshalb wünschten sie das Gegenteil, den Krieg."
"Darum ist es falsch dem Pazifismus der Deutschen zu trauen. Die meisten von den Deutschen, die sich gegen Hitler stellten, taten es nur darum, weil sie gegen alles sind, was gerade vor ihnen steht, was gerade gegenwärtig ist."
Gott weilte in den Flugzeugen...
So genügt Picard aber auch der Morgenthau‑Plan, die Deutschen zu einem Hirtenvolk zu machen, noch nicht, weil die» die Natur mit ihrem bösen Wesen durchsetzen und sie zerstören." Der Super‑Föderalismus, die Zerschlagung Deutschlands in viele Zonen und Länder, wird begrüßt. Der Herrgott führte die Waffen der Alliierten zum Siege, meint er, und verficht die These, wonach Gott in den 3000 Flugzeugen über Dresden weilte und 250000 Menschen in einer Nacht vernichtete.
Es ist nichts davon bekannt geworden, daß sich die Kreise, die sich heute so sehr über die "Entwertung" des Hebelpreises entrüsten, von diesem, mit Beleidigungen gegen Deutschland erfüllten Buch Picards und der Verleihung des Preises an den Verfasser in irgendeiner Form distanziert hätten. Das ist übrigens damals von anderer Seite in schärfster Form geschehen und die seinerzeitige Verleihung als ein unerhörter Mißgriff bezeichnet worden. Den Lörracher Hebelfreunden aber möchten wir gerade bei dem Vergleich der Preisträger 1953 und 1952 empfehlen, auch einem Hebelpreisträger aus der engeren Heimat gegenüber, etwas mehr von der ‑ oft gepriesenen Hebelschen Toleranz walten zu lassen.