Die MBB - Mechanische Buntweberei Brennet
Die Einrichtung des Werkes I
Die Firma Mechanische Buntweberei Brennet erwarb 1894 das Gelände des ehemaligen Eisenwerkes mit allen noch existierenden Gebäuden und Liegenschaften. Die Firma, kurz MBB genannt, wurde zum größten Industriebetrieb in Hausen und hat sich bis heute gehalten. Die MBB, deren Hauptsitz in Stuttgart lag, verfügte bereits über große Baumwollwebereien in Brennet, Öflingen und Wehr.
In Hausen begann die Firma gleich nach dem Kauf vom 1. Oktober 1894 mit der Einrichtung einer Baumwollspinnerei in der vorhandenen Fabrikhalle. Sie sollte das Unternehmen von den Garnlieferanten unabhängiger machen. Bereits 1897 soll daneben eine Baumwoll-Bleicherei eingerichtet worden sein. In den Jahren 1900 und 1901 arbeiteten italienische Bauleute an einem dreigeschossigen Betriebsgebäude, dem sog. »Hochbau«. Es stürzte aber noch vor der Fertigstellung ein und begrub unter seinen Trümmern vier der Bauarbeiter. Sie fanden ihr Grab auf dem damaligen Hausener Friedhof neben der heutigen Schule.
Das Gebäude wurde ein Jahr später wieder aufgebaut, doch ein Brand beschädigte es 1903 nochmals schwer, so dass der endgültige Bau erst im Jahre 1904 eingeweiht und in Betrieb genommen werden konnte. Das in Hausen gesponnene und gebleichte Garn wurde anfangs mit der Eisenbahn nach Wehr und Brennet befördert. Nach dem 1. Weltkrieg schaffte die Firma einen Lkw an, der zweimal am Tag das Garn von Hausen nach Wehr brachte. Das Unternehmen nahm einen zügigen Aufschwung, der bis zur Inflation von 1923 anhielt.
Deshalb benötigte die MBB auch immer mehr Arbeiter. Sie verwandelte den bisherigen Arbeits-Mangel in einen Arbeiter-Mangel. Zunächst zog man Arbeitskräfte aus der näheren Umgebung sowie aus dem Kleinen und Hinteren Wiesental heran. Doch selbst in Slowenien, Südtirol und Italien warb die Firma. Die Arbeiter wurden v. a. in den langsam unzulänglichen alten Laboranten-Häusern untergebracht. Das mittlere Gebäude, das bisher noch als Wirtschaft zum »Eisenwerk« verpachtet war, wurde 1910 in ein Mädchenheim umgewandelt. Jungarbeiterinnen aus Slowenien und Südtirol fanden hier Unterkunft.
Die Tätigkeiten in der Fabrik waren anstrengend, der Lohn niedrig. Kinderarbeit stand noch auf der Tagesordnung. Die Jungarbeiterinnen im Mädchenheim erhielten einen Stundenlohn von 12 Pfennigen, ein Hungerlohn, der kaum für das Kostgeld ausreichte. Nicht umsonst nahm die SPD-Ortsgruppe nach ihrer Gründung schnell zu. Die Inflation bereitete auch der MBB große Schwierigkeiten. Den Arbeitern ging es schlecht. Der Lohn musste 1923 wöchentlich ausbezahlt werden und betrug schließlich Billionen von Mark. Doch schon bald nach der Auszahlung verloren diese Summen weiter an Wert. Im September bestreikten die Arbeiter die Fabrik, als im Wiesental die »kleine Revolution« ausgebrochen war. Es handelte sich um verschiedene Unruhen, die aus Hunger und Not entstanden waren. Die Firma verkaufte große Teile ihres Garnlagers in die Schweiz. Aus dem Erlös erhielten die Beschäftigten eine Sonderzuteilung von 20 Schweizer Franken. Diese Währung machte die »Bergwerkler« zu besonders gern gesehenen Kunden in den Hausener Geschäften.
Die Übernahme des Werks II
Im Jahre 1927 kaufte die MBB das Fabrikgebäude und sämtliche Wohnhäuser und Liegenschaften der Firma Vortisch & Co. auf. In der Fabrikhalle richtete man eine noch modernere Spinnerei ein, das Werk II. Der größte Teil der bisherigen Belegschaft wurde übernommen. So gelangte die MBB zu ihrer überragenden Rolle als Fabrik im Dorf. Beide Teilbetriebe produzierten bis zum 2. Weltkrieg voll weiter. Da viele männliche Arbeitskräfte zum Kriegsdienst einberufen wurden, holte die Firma 1940 erstmals Arbeitskräfte aus dem Kleinen Wiesental und aus Gersbach mit einem eigenen Bus ab. Dennoch musste die Produktion bald eingeschränkt werden, denn Firmen aus Berlin wurden nach Hausen verlegt und in den Räumen des Werkes II untergebracht. Nach dem 2. Weltkrieg erlitt auch die MBB das Schicksal der Demontage. Zahlreiche Maschinen wurden abgeholt und ins Elsaß gebracht. Die Demontage erwies sich später als ein Vorteil: sobald die Firma es vermochte, kaufte sie modernere Maschinen und wurde konkurrenzfähiger. Während des Wirtschaftswunders ließ die MBB in drei Schichten arbeiten. Dafür, und um noch mehr herzustellen, sah die Firmenleitung wieder die Möglichkeit, billige ausländische Arbeitskräfte heranzuziehen. Im Jahre 1959 kamen die ersten süditalienischen Arbeiter nach Hausen, 1969 weitere Fremdarbeiter aus Portugal.
1973 erfolgte die Umbenennung der MBB in »Brennet AG«. 1932 waren 560 Arbeiter beschäftigt. 1937 wird von gegen 600 Arbeitern und Arbeiterinnen berichtet, davon etwa 100 von auswärts. Im Jahre 1980 waren in den Hausener Werken nur noch 303 Menschen beschäftigt, ein Zeichen der inzwischen voll einsetzenden Modernisierung und Rationalisierung. Um das Jahr 2000 gab die Firma das Werk I auf, neue Maschinen im Werk II sowie weitere Rationalisierungen hatten die Beschäftigtenzahl unter 100 fallen lassen. 2004/05 wurde das Werk II komplett modernisiert sowie eine riesige neue Halle erstellt.
Eine Aera geht zuende
Anfang Mai 2011 kam es im Werk II zu einem Großbrand. Teile des Gebäudes mussten abgerissen werden. Die Produktion der Spinnerei wurde in der Folge im Jahr 2012 eingestellt.
2006 kam nun das endgültige Aus für das traditionsreiche Werk I:
mit Ausnahme des "Herrenhauses" (im Vordergrund) fallen die Gebäude
den Abrissbaggern zum Opfer.
Nach der Ortschronik von 1984 - Original-Text: Ernst Hug;
Bilder: Gemeinde Hausen; Luftbild Abriss Werk I: Bad. Zeitung (E. Meier)